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Frauensession zieht Bilanz

Session des Femmes 2021

Wie erfolgreich war sie?

Vertreterinnen der organisierenden Frauenorganisationen
Vertreterinnen der organisierenden Frauenorganisationen (v.l.n.r.): Anne Challandes, Präsidentin des Schweizerischen Bäuerinnen- und Landfrauenverbandes; Simone Curau-Aepli, Präsidentin des Schweizerischen Katholischen Frauenbunds SKF; Gabriela Allemann, Präsidentin der Evangelischen Frauen Schweiz, Maya Graf, Co-Präsidentin alliance f; Yvonne Schärli, Präsidentin der Eidgenössischen Kommission für Frauenfragen EKF, Jana Fehrensen, Co-Präsidentin des Dachverbandes Schweizerischer Gemeinnütziger Frauen SGF und Kathrin Bertschy, Co-Präsidentin alliance f

2 Tage, 246 Frauen, 8 Kommissionen, 77 Abstimmungen: Das war die historische Frauensession 2021. Doch was hat sich zwischenzeitlich getan? Wie erfolgreich waren die Vorstösse der Frauen? Die Bilanz ein Jahr danach lässt sich sehen. Die Hälfte der damals 23 eingereichten Petitionen wurden erfüllt oder sind auf gutem Weg. In einem virtuellem Event blickten die Frauenorganisationen, die die Frauensession verantworteten, Teilnehmerinnen, Kommissionspräsidentinnen und Wählerinnen gemeinsam zurück und diskutierten die grössten Erfolge der Session. Der Anlass war via YouTube-Livestream auch der breiten Öffentlichkeit zugänglich.

Die Präsidentinnen der acht Kommissionen der Frauensession gaben einen Überblick über den Stand ihrer Petitionen. Der Vorstoss des Schweizerischen Katholischen Frauenbunds (SKF) und der Evangelischen Frauen Schweiz (EFS) hatte politisch keinen Erfolg. Trotzdem verbuchen die christlichen Frauenorganisationen ihre Forderung wichtigen Meilenstein im Einsatz für mehr Demokratie.

Sichtbarkeit, Empowerment und Bildung

Die Spielregeln der Macht seien überwiegend von Männern geprägt, eröffnete Kathrin Bertschy, Co-Präsidentin von alliance f den Rückblick. Diesen überwiegend männlich geprägten Bildern habe die Frauensession ein starkes Bild engagierter Frauen entgegengesetzt. Viele von ihnen haben dank der Frauensession wertvolle Kontakte geknüpft und ihr Netzwerk erweitert. «Wir freuen uns sehr, dass Frauen sich an politisch drängende Probleme gemacht haben. In verschiedenen Regionen der Schweiz treffen sich Frauen seit der Frauensession über Parteigrenzen hinweg, tauschen sich aus und setzen sich in ihrem Kanton respektive ihrer Gemeinde für Gleichstellungsanliegen ein», so Gabriela Allemann, Präsidentin der Evangelischen Frauen Schweiz. Die Teilnehmerinnen erlernten das politische Handwerk, erhielten Einblicke in die Kommissionsarbeit und politische Prozesse der parlamentarischen Arbeit. Viele Frauen wurden auf diese Weise in ihrem Wunsch, eine politische Laufbahn einzuschlagen, bestärkt. «An der Frauensession erlangten Frauen Sichtbarkeit, denen sonst die Öffentlichkeit verwehrt bleibt. Ihre Stimme zählte und sie verschafften sich Gehör», so Karin Ottiger, Co-Geschäftsleiterin des Schweizerischen Katholischen Frauenbunds SKF.

Vielfältiges Wirken der Frauensession

Ein Jahr danach ziehen die Organisatorinnen eine positive Bilanz. Fünf Petitionen wurden angenommen. So muss der Bundesrat künftig regelmässig schweizweite Präventionskampagnen gegen häusliche, sexuelle und geschlechtsbezogene Gewalt lancieren und prüfen, wie Universitäten und Fachhochschulen künftig mehr Forscherinnen und Forscher in Teilzeitpensen fix anstellen können. Weiter sollen künftig mehr Menschen dank der von ihnen geleisteten Care-Arbeit eine höhere AHV-Rente erhalten. Zudem hat das Parlament Postulate überwiesen die verlangen, dass die schulische Sexualaufklärung verbessert und der Frauenanteil in MINT-Berufen gesteigert wird. Mit den zwei Petitionen zum nationalen Forschungsprogramm für Gendermedizin und der Forderung, die Geschlechterperspektive in der neuen Digitalisierungsstrategie zu berücksichtigen, sind drei weitere Petitionen auf gutem Weg.

Andere Petitionen der Frauensession wurden in laufenden Gesetzesrevisionen aufgenommen: So sieht etwa der Ständerat in der Reform des Pensionskassen-Gesetzes (BVG21) mit einem prozentualen Koordinationsabzug die geforderten Verbesserungen für Teilzeitarbeitende und Mehrfachbeschäftige vor. Auch das Gesetz für eine dauerhafte Finanzierung der familienergänzenden Kinderbetreuung ist auf gutem Weg, die Vernehmlassung bereits abgeschlossen. Gerade vergangene Woche hat zudem die Rechtskommission des Nationalrates beschlossen, bei der Revision des Sexualstrafrechts der Forderung der Frauensession nach einer Zustimmungsregelung zu entsprechen. Damit sind bereits die Hälfte der 23 von der Frauensession eingereichten Gleichstellungs- Petitionen auf Erfolgskurs. Neun der Forderungen sind noch hängig und wurden vom Parlament noch nicht behandelt.

Natürlich gab es auch Petitionen, die keine Mehrheit der Ratsmitglieder erreichen konnten: Drei Forderungen wurden vom Parlament abgelehnt: ein fixer BIP-Prozentsatz für geschlechtsspezifische Gewalt, die Unterstellung der Arbeit in Privathaushalten unter das Arbeitsgesetz sowie das Einwohner:innenstimmrecht.

Forderung von SKF und EFS abgeschmettert

Der SKF und die Evangelischen Frauen Schweiz EFS setzten sich an der Frauensession für das Einwohner:innenstimmrecht, also das Stimm- und Wahlrecht für in der Schweiz langfristig lebende Menschen ohne Schweizer Staatsangehörigkeit ein. «Unser Thema mag auf den ersten Blick etwas ungewöhnlich erscheinen. Schliesslich ging es bei der Frauensession ja um Frauen», so Cécile Bühlmann (Alt-Nationalrätin Grüne), die gemeinsam mit SP-Nationalrätin Ada Marra die Kommission für Einwohner:innenstimmrecht präsidierte. Bei genauerem Hinsehen aber, so Cécile Bühlmann, werde deutlich, dass die Forderung ein Demokratiedefizit beseitigen will – genau so, wie die Einführung des Frauenstimm- und wahlrechts 1971.

Mut zu politischen Visionen

Rund 2 Millionen Ausländer:innen leben in der Schweiz ohne politische Rechte. Die von SKF und EFS verantwortete Kommission der Frauensession forderte deshalb: Nach fünfjährigem Aufenthalt in der Schweiz sollen Menschen ohne Schweizer Staatsbürgerschaft das Stimm- und Wahlrecht erhalten – unabhängig vom Aufenthaltsstatus. EFS und SKF sind überzeugt, mit der öffentlichen Diskussion über die politische Teilhabe von Ausländer:innen, die zur ständigen Bevölkerung der Schweiz gehören, eine neue Perspektive geschaffen zu haben. Auch das Frauenstimm- und wahlrecht erschien vielen Menschen in der Schweiz lange unvorstellbar. «Wir mögen zwar realpolitisch gescheitert sein, aber wir haben eine Vision aufgezeigt. Würde nie jemand das vermeintlich Unmögliche wagen, gäbe es keinen Fortschritt, keinen Wandel. Auch das war die Aufgabe der Frauensession: visionäre Gesellschaftsentwürfe der Gerechtigkeit zu diskutieren. Das ist uns gelungen», so SKF-Kommunikationsfrau Sarah Paciarelli.

Die Forderung von SKF und EFS an der Frauensession 2021 (Video ab Zeitmarke 03:11:25)

Fotos der historischen Frauensession 2021

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